Direkt zum Hauptbereich

Mutproben




Es war sehr belebt um uns herum. Ich saß mit einem Mann in der Mitte einer riesigen Halle in einer Art überdachtem "Straßen"-Café. Während wir ein gutes und tiefes Gespräch hatten, strömten Massen von Menschen an uns vorbei. Die meisten Seelsorgegespräche führe ich auf diesem Teil der Lebensbühne - öffentlich, mitten im Leben. Plötzlich, als ich für einen kurzen Moment abgelenkt war, weil ich etwas aus meinen Sachen hervorkramen musste, sprang mein Gegenüber fluchtartig auf und verschwand. Ich sah nur, wie er dem Pfeil zu den Toiletten folgte und fragte mich, wie nötig er es wohl gehabt haben musste. Doch dann erkannte ich ihn wenige Meter hinter dem Toilettenpfeil im Gespräch mit jemanden, den ich nicht sehen konnte. Wenige Minuten später kam mein Freund zurück und entschuldigte sich, dass er einfach so abgehauen sei. Doch jeden Tag wolle er etwas machen, was er sich eigentlich gar nicht traue zu tun. "Und dann ging da gerade eben dieser Herr mit seinem phantastischen Bart vorbei, und ich musste ihm einfach sagen, wie klasse das aussieht."

Enorm. Manchmal fühlt sich zwar mein ganzes Leben wie eine einzige Riesenmutprobe an, doch vielleicht sollte ich diese tägliche Übung auch in meinen Alltag einbauen. Einfach, um noch mutiger zu werden. Vor ein paar Jahren machte eine Gruppe junger Erwachsener Schlagzeilen, weil sie in Göteborger Straßenbahnen spontan Witze erzählten und damit sämtliche Fahrgäste unterhielten. Als die Zeitung sie im Interview fragte, warum sie das machen, offenbarten sie, dass sie damit versuchen, ihre Angst, Hemmungen und Menschenfurcht zu überwinden. Sie hatten sich überlegt, täglich etwas zu tun, was kein normaler Mensch tut, etwas, wo allein der Gedanke schon Angst einjagt, was aber trotzdem angenehm für andere Menschen ist. Beeindruckend.

Ich werde wohl keine Witze in den Öffis erzählen, aber irgendwas wird sich doch wohl täglich finden lassen. Männerbärte loben?! Wer macht mit? Dann können wir uns gegenseitig anfeuern und gute Ideen oder Erlebnisse austauschen!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eine neue "Engelskala"?

Ich selbst kam gerade erst ins zweite Schuljahr, als die beiden Herren James Engel und Wilbert Norton ein Buch mit dem Titel " What's gone wrong with the harvest? " (Was ist mit der Ernte schiefgelaufen?) herausgaben. Nein, das Buch handelte nicht von Traktoren, Mähdreschern und Güllefässern, sondern um die Ernte der geistlichen Früchte, die Jesus von Kirche und Gemeinden erwartet. Und hier läuft ja bekanntlich so manches schief. Zur Veranschaulichung entwickelte Herr Engel, einer der Autoren, eine Skala. Auf dieser Skala konnte man leicht erkennen, wo man sich auf seiner geistlichen Reise gerade befindet. Als " Engelskala " - was nur etwas mit dem Namen des Erfinders und nichts mit Engeln zu tun hat - gelangte sie zu weltweiter Bekanntheit. Für alle, die noch nie eine Engelskala gesehen haben - so ungefähr sieht eine deutsche Version aus (von mir farblich etwas aufgepeppt): (zum Vergrößern auf's Bild klicken) Man liest die Skala im Prinzip von unten

Abschluss der Bergpredigt

Ein ganzes Jahr sind wir während unserer Sonntagstreffen "Impressions" durch die Bergspredigt gegangen, das Manifest des Reiches Gottes, der Fokuspunkt eines Objektives, an welchem die ganze sichtbare Wirklichkeit auf den Kopf gestellt wird, weil man einen Blick in Gottes Wirklichkeit erhaschen darf. Die Bergpredigt, welche all unsere menschlichen "Normalitäten" in Frage stellt; wo nicht Stars und Sternchen selig gepriesen werden sondern die, denen es dreckig geht; wo gefordert wird auch denen liebevolle Weihnachtsgeschenke zu machen, die uns an den Kragen wollen; wo gesagt wird, man möge einem Dieb doch bitte beim Raustragen helfen. Die Bergpredigt, welche uns die unerhörte Großzügigkeit Gottes vormalt, weil Er genau all das ist und tut. Die Bergpredigt, welche uns den menschlichen Egoismus schonlungslos vor Augen führt und uns unweigerlich spüren lässt, dass eben dieser gottverdammte Egoismus uns die Bergpredigt als gefühlte Unmöglichkeit erscheinen lässt.

Kein Funken Kritik

Diese Woche wurde dann der Fernsehbeitrag ausgestrahlt, in dem Seelsorgegespräche von Pfarrern und Pastoren heimlich aufgenommen wurden. Ein Journalist hatte sich als Seelsorgesuchender ausgegeben und um Hilfe für seine homosexuelle Neigung gebeten. (Ich hatte hier darüber geschrieben.) Die Sendung wurde nun hochgelobt und es gab nicht den geringsten Funken Kritik an den angewandten Methoden. Das Medienmagazin Pro berichtet von ähnlichen Fällen in Deutschland, wo Journalisten sich an kompetente Seelsorger wenden und um "Heilung" von ihrer Neigung bitten doch hinterher völlig entrüstet und aufgebracht darüber berichten, dass sie tatsächlich Hilfe bekommen haben. (Ich weiß allerdings nicht, ob hier auch heimliche Aufnahmen gemacht wurden.) Ich halte das heimliche Aufnehmenbewusst vertraulicher Gesprächssituationen wirklich für unfair und journalistisch unbegründet. Doch was will man machen? Die Welt will hören, was sie hören will, das war schon immer so. All die guten Hilf