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Es werden Posts vom August, 2017 angezeigt.

Die Lehre der Leere (5): Der Schatz

War es Zufall oder war es Führung, dass sich die rund achtzig Seiten Papier auf Seite zehn öffneten und ich ausgerechnet dort zu lesen begann: Wage Widerspruch zu bejahen.  Wage unter Spannung zu leben. Wage die Konfrontation mit der Leere. Wage auf Granit zu beißen. Verharre in Sturköpfigkeit. Gib nicht auf.  Ich spürte es in meinem Geist. Ich spürte es in meinem Körper. Mit jenen Worten schien jemand auf die berüchtigte Fernbedienung des Films "Click" gedrückt zu haben, so fühlte es sich an. Die Zeit um mich herum schien plötzlich still zu stehen. Absolut still. In mir ging sie wohl gefühlt weiter, obwohl auch ich erstarrt, wie leblos da gesessen haben muss. Was war es nur, das mein Inneres gefrieren ließ, als wäre meine Haut mit einem Mal nicht mehr als eine ausgestopfte Hülle, ausgestopft nicht mit Watte (oder was auch immer Tierpräparatoren für ihre Kunst verwenden), sondern mit altem, kaltem, pappigem Schnee? Alter Schnee?! War der Schnee schon immer da

Die Lehre der Leere (4): Die Katholikin

Natürlich hatte ich nicht die Geringste Ahnung, was von dem Büchlein ausgehen sollte, das ich gerade in meinen Händen hielt. Für mich war es bis jetzt nicht mehr als ein kleines, gebundenes, ziemlich blödes Layout. Nichts, was ich je freiwillig in die Hand genommen hätte. Obendrein pries es sich selbst als "Klassiker" an und ich fragte mich, warum Eigenlob eigentlich nur bei Menschen stinkt. Marketing ist doch auch nichts anderes als eine legitimierte Rechtfertigung, die eigenen Fürze als Wohlgeruch anpreisen zu dürfen. Jedenfalls hatte ich weder vom "Klassiker" Schritte auf dem Weg , dem Titel des Buches, noch der Autorin Gunnel Vallquist je etwas gehört. Ich kannte nur den Namen des Verlages. Und das war auch der einzige Grund, warum ich die Buchdeckel überhaupt öffnete. Als ich in den ersten Zeilen des Vorwortes las, dass jene Gunnel eine aufrichtige Katholikin gewesen war, hätte ich mit Nathanael augenrollend stöhnen können "was kann denn aus der kathol

Die Lehre der Leere (3): Die Entdeckung

Diese Art "Er-sucht-und-findet-mich-Schatz" hat sowieso etwas ganz besonders Listiges und Gerissenes an sich. Einerseits wollen sie gefunden werden, andererseits tarnen sie sich besonders gut, tragen die Intelligenz der Delphine, die Tarnung der Chamäleone und die Formbarkeit der Amöben in sich und scheuen sich nicht, von allem reichlich Gebrauch zu machen. Und zuweilen nehmen sie die Form hässlicher Kaffepötte an, nur um sich dahinter verstecken zu können. Dort warten sie. Schätze, das wissen wir alle, sind sehr geduldig. Das unterscheidet sie von uns Menschen. Meiner wartete also geduldig auf der Küchenbank. Wochenlang. Rotgelb schweigend und ungeöffnet. Bis ich mir überlegte, dass ich nun mal überlegen müsste, was mit diesem komischen Karton anzustellen sei. Denn benutzen wollte ich die hässliche Tasse eh' nicht, doch einfach so wegwerfen wollte ich sie auch nicht. Immerhin war sie das Geschenk meines Chefs und damit symbolisierte sie aufrichtige Anerkennung für

Gottes Wege sind erstaunlich

Nein, dieser Post hat nichts mit der Tagebuchserie zu tun. Zur Abwechslung eine aktuelle Neuigkeit aus Prag:

Die Lehre der Leere (2): Die Natur der Schätze

Eine Tasse. Sollte sich mein Verdacht bestätigen, war dies in zweifacher Hinsicht kritisch. Erstens gehört weder gelb noch rot noch tassenrund zu den Empfehlungen meiner persönlichen Farb- und Formberaterin, übrigens auch nicht zu meinen Lieblingsfarben, und zweitens war ich seit fünfundzwanzig Jahren mit einer Jägerin und Sammlerin verheiratet, die keinen Handwerkermarkt, kein Töpferstudio beutelos verlassen konnte, und deswegen gehörte ich zur Spezies der wenigen Privilegierten des Globus, die mit Fug und Recht von sich behaupten konnten, sogar mehr als alle Tassen im Schrank zu haben. Doch jene Ehre war untrennbar an eine große Not gekoppelt: Platznot in allen Schränken und Vitrinen, auf sämtlichen Regalbrettern und freien Flächen, weswegen jede neue Tasse, ob groß, ob klein, ob hübsch, ob hässlich nur mit Gefühlen entgegengenommen werden konnte, die sich wortlos durch leichte Kopfschräglage, ungewöhnlich breites Grinsen, zusammengebissene Schneidezähne und aufgerissene Augen

Die Lehre der Leere (1): Das Geschenk

"Warte! Fast hätte ich es vergessen!" Eigentlich war mein Körper ja gerade dabei, sich nach dem anstrengenden, mehrtägigen Treffen erschöpft auf den Beifahrersitz des obligatorischen Kombimodells plumpsen zu lassen, um faul und bequem von einem netten Kollegen nach Hause chauffiert zu werden, doch wie ich plumpsenderweise meinen Chef hektisch und aufgeregt über den Rasen rasen sah, direkt auf mich zu, mir erwartungsvoll in die Augen schauend, siegte der Geist ausnahmsweise über den körperlichen Fall und ich fand mich ebenso erwartungsvoll lächelnd neben dem Volvo stehend wieder. " Chefen " hielt einen Karton mit ziemlich merkwürdigem Muster in der Hand, und seine leicht ausgestreckte Hand, die sich langsam vorschob, ließ mich erahnen, dass die quietschgelb-knallrote Packung wohl als Geschenk an mich gedacht war. Freudestrahlend dankte er mir für meinen enormen und vorbildlichen Einsatz im vergangenen Jahr, und ich dankte herzlich und ehrlich zurück, denn es

Gebetsclip im August

Hochzeitspredigt

Lust, Oles und Athenes Hochzeitspredigt (nochmal) zu hören? Die Predigt dauert gut 20 Minuten, anschließend kommt das Lied "From the Ground Up", das sich das Brautpaar gewünscht hat.