Direkt zum Hauptbereich

Unlogische Logik


Zweieinhalb Jahre bevor wir nach Schweden zogen geschah in einem mittelgroßen Ort nördlich Stockholms etwas Schreckliches: Nach dubiosen geistlichen Praktiken in einer Freikirche ließ der Pastor seine Frau erschießen. Im folgenden, monatelangen Medienrummel fanden sich vor allem die Worte "Pastor", "Gemeinde", "Macht", "Sex" und "Teufel" in den Schlagzeilen wieder. Ende dieser Woche wurde nun eine neue Untersuchung veröffentlicht, nach welcher sich die Pastoren Schwedens weitgehend einig sind, dass dieses Drama den Freikirchen einen deutlichen Sektenstempel aufgedrückt hat. Bemerkenswert fand ich einen Abschnitt über das "Knütbügefühl" (nach dem Ort des Geschehens benannt). Was ist das? In der Zeitung vom vergangenen Freitag ist darüber zu lesen:

"... Menschen reagieren darauf, wenn sie warme Gemeinschaft erleben. Man erlebt plötzlich Angst, weil sie dieses Gefühl an die Bilder von Knütbü erinnert. Man glaubt wohl, dass man nun besonders aufpassen muss, sonst wird man leicht eingelullt und hängt plötzlich drin - und dann kann alles mögliche passieren. Ich glaube, dass man Knütbü als Grund nimmt, nicht in eine Gemeinde zu gehen, selbst wenn man eigentlich glauben oder mehr über Gott erfahren möchte."

Das ist eine in höchstem Grade interessante Aussage, denn sie beschreibt exakt unsere Erfahrungen. Ob unsere Erfahrungen allerdings auch ihren Grund im Knütbüverbrechen haben, kann ich freilich nicht belegen, denn darüber spricht man nicht.

Etwas nachdenklich macht mich allerdings das Irrationale, das hinter dieser Angst steht. Natürlich gibt es an diesem Verbrechen nichts zu rechtfertigen und schönzureden. Allerdings würde niemand wagen zu behaupten, dass alle Schwarzen Verbrecher sind, nur weil es unter ihnen auch Gauner gibt, dass alle Deutschen Nazis sind, nur weil es immer noch Nationalsozialisten gibt, dass alle Moslems Terroristen sind, nur weil es unter ihnen auch Selbstmordattentäter gibt. Dennoch macht man im Prinzip genau das mit Christen: Aus der extremen Ausnahme wird die gefühlte Regel.

Wie überwindet man solch tiefsitzende Unlogik in einer Zeit, wo viele sich für schlau und gebildet halten?

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Sprachkurse so gut wie um

Letzte Woche in den Sprachkursen! Marcus’ letzter Schultag war Montag, danach muss nur noch das Praktikum abgeschlossen werden. Karens letzter Tag ist heute. Nächstes Jahr werden wir nur noch stundenweise fortsetzen um schrittweise noch besser zu werden. Aber erstmal steht Weihnachten an!!! * * * Last week in our language classes. My last day of class was Monday, all I need to do is finishing the internship this week. Today is Karens last day. Next year we’ll continue with just a few hours a week to improve our skills. But first of all we’ll celebrate Christmas!

Eine neue "Engelskala"?

Ich selbst kam gerade erst ins zweite Schuljahr, als die beiden Herren James Engel und Wilbert Norton ein Buch mit dem Titel " What's gone wrong with the harvest? " (Was ist mit der Ernte schiefgelaufen?) herausgaben. Nein, das Buch handelte nicht von Traktoren, Mähdreschern und Güllefässern, sondern um die Ernte der geistlichen Früchte, die Jesus von Kirche und Gemeinden erwartet. Und hier läuft ja bekanntlich so manches schief. Zur Veranschaulichung entwickelte Herr Engel, einer der Autoren, eine Skala. Auf dieser Skala konnte man leicht erkennen, wo man sich auf seiner geistlichen Reise gerade befindet. Als " Engelskala " - was nur etwas mit dem Namen des Erfinders und nichts mit Engeln zu tun hat - gelangte sie zu weltweiter Bekanntheit. Für alle, die noch nie eine Engelskala gesehen haben - so ungefähr sieht eine deutsche Version aus (von mir farblich etwas aufgepeppt): (zum Vergrößern auf's Bild klicken) Man liest die Skala im Prinzip von unten ...

Zufällig Vorbild geworden

Dass er kein gewöhnlicher Gemeindepastor werden wollte, wurde Ben schon auf dem Bibelseminar klar. "Dazu bin ich nicht hart genug", sagt er lapidar und scheint es wirklich so zu meinen. Knallhart genug ist er hingegen, einen lang gehegten Traum durchzuziehen: Gemeinschaft auf alternative Art zu bauen, Arbeitsplätze zu schaffen, Menschen zusammenzuführen und durch die Schönheit der Natur in die Anbetung zu leiten. Gott fand das auch und schickte ihm einen frommen Investor in den Weg. Die beiden bestimmten, dass diese Idee sich harmonisch in den örtlichen Kontext einfügen muss und bauten dann eine beeindruckende Ranch mit beeindruckend vielen Gebäuden und noch mehr beeindruckend vielen Pferden. Was fügt sich harmonischer in den Kontext Colorados ein? Beeindruckende Empfangsshalle: Beim Anblick der Schaufeln des "Moose" an der Wand erbleichen schwedische Elchbullen vor Neid, die Kühe törnt's wahrscheinlich an... Hier kann man nun also Urlaub mit vielen Aktivi...