Ein Krankenhausseelsorger mit über 40 Jahren Erfahrung zeigte uns die verschiedenen Räume des Göteborger Leichenhauses - hier der Platz, wo rituelle Waschungen für Angehörige möglich sind. |
Christen machen nicht unbedingt eine Ausnahme. Gerade in Kreisen, wo Heilung stark betont wird, verkümmert der hilfreiche Umgang mit Leid und Trauer. "Ich empfehle euch, aktiv in Trauersituationen hineinzusprechen" empfahl der Chef der Göteborger Krankenhausseelsorge einer kleinen Gruppe Studenten, für die ich einen Studienbesuch im Leichenhaus organisiert hatte. Trauerzeiten sind oft Perioden der Sprach- und Orientierungslosigkeit, und gerade dann brauchen Menschen liebevollen Zuspruch und geduldige Wegweisung. Um einige werdende Pastoren und Pastorinnen genau darauf vorzubereiten, hatten wir uns auf den Weg gemacht, dem Tod ins Auge zu sehen und von einem alten Hasen zu lernen. Der bald in den Ruhestand gehende Seelenhirt konnte viele Geschichten erzählen, besonders vom Göteborger Discobrand im Oktober 98 mit 63 Toten. In dem Zusammenhang erklärte er den Studenten auch, wie wichtig es sei, sich von der Leiche zu verabschieden, selbst wenn sie trotz Kosmetik noch verunstaltet sein mag: "Es zeigt sich immer wieder, dass die Fantasie darüber, wie die Leiche vielleicht ausgesehen haben mag, viel, viel schlimmer wird als der Anblick des wahren Toten."
Alles in allem war dies ein höchst interessanter Nachmittag. Ich bin der Meinung, dass auch wir Christen die Sprache (wieder er-)lernen müssen, auf der heutzutage in guter und heilsamer Weise über Themen wie Tod, Leid oder Trauer gesprochen werden kann, um Linderung und Liebe zu geben und Licht und Hoffnung zu vermitteln.
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