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Missionale Mutproben

Warum wir diese neue Zwiebelskala im Gegensatz zur alten Engelskala entworfen haben, steht hier.

Die geistliche Reise heutiger Menschen entspricht schon lange keinem Lineal mehr, wo alles geradlinig, eindimensional und messbar verläuft. Viel zu komplex und unübersichtlich ist unser Leben geworden. Die heutige geistliche Reise entspricht vielmehr einer Zwiebel: Dreidimensional, mal größer, mal kleiner und vor allem hat sie viele Schichten.

Der gemeine Durchschnittschrist kommt in der Regel immer nur mit der äußersten Zwiebelschicht seiner Mitmenschen in Berühung. Allzuoft müssen wir uns damit zufrieden geben. Vielleicht müssen wir's auch nicht, tun's aber trotzdem.

Doch manchmal kommen wir eine Schicht tiefer: Auf dem Betriebsausflug, dem Straßenfest mit Nachbarn oder einer gemeinsamen Autofahrt lernt man neue Seiten seines Gegenübers kennen. Missionarisch gesinnte Gemeindechristen beginnen dann bald zu überlegen, wie man diesen Menschen in den Gottesdienst einladen könnte.

Doch dazu ist es noch viel zu früh, denn wir sind noch immer erst weit, weit außen an der zwiebeligen Oberfläche. Eigentlich wissen wir noch gar nichts über diesen Menschen: Den Kampf mit dem Vater, das Leben mit der großen Schwester, der mobbende Trainer, der Lehrer, der die Schüler ernstnahm, die Enttäuschung der ersten großen Liebe, die sexuelle Motivation vieler Entscheidungen, der Unfall und so weiter und so fort. Jeder Mensch trägt eine solche Geschichte mit sich herum, die uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Jeder hat sie, doch keiner spricht darüber. Je delikater, desto weniger.

Wir haben guten Gründe, nicht darüber zu reden. Alles, was wir offenbaren, könnte gegen uns verwendet werden. Macht uns verletzbar. Also schweigen wir und verstecken das wahre Leben, das tief in uns vor sich geht.

Ich behaupte, dass wahre Freiheit darin liegt, ehrlich zu werden: Ehrlich vor sich selbst, ehrlich vor anderen, ehrlich vor unserem Schöpfer. Wenn diese Ehrlichkeit in wahrer Liebe und echter Gnade geschieht, erleben wir etwas extrem Positives. Menschen verlieben sich am leichtesten, wenn sie sich wirklich gesehen, verstanden und geliebt fühlen. Denn wirklich gesehen, wirklich verstanden und wirklich geliebt zu werden, ist Evangelium. Danach sehnt sich jeder einzelne Mensch, vor allem, weil es etwas so extrem seltenes ist - selbst in unseren Gemeinden.

Um sich vor weiteren Enttäuschungen und Verletzungen zu schützen, lassen wir noch lange nicht jeden in die tieferen Schichten unseres Lebens. Wer da wirklich hin will, muss es wert sein. Und muss mehrfach unter Beweis stellen, dass er oder sie es wert ist und keine Gefahr für unsere Seele darstellt.

Diese Beweise geschehen weder im Gottesdienst noch irgendwo anders auf frommen Boden. Sie geschehen auf deren Territorium.

Jemand sagte mir mal, um wirklich in den Kreis dieser einen Gruppe junger Menschen hineinkommen zu wollen, muss man einmal zusammen gefeiert und vor allem miteinander gesoffen haben. Erst dann hat man die nächste Ebene des Vertrauens gewonnen. Und es ist erst die nächste Ebene. Die übernächste wird einen anderen, weiteren Beweis erfordern.

Natürlich handelt es sich nicht grundsätzlich um Mutproben auf dem Niveau pubertierender Teenager. Doch das Prinzip ist dasselbe: Wir müssen beweisen, dass wir auch nur Menschen und damit einer von denen sind. Dass wir deren Welt verstehen. Dass wir keine Gefahr darstellen. Es mag allerdings erfordern, dass wir unsere frommen Masken ablegen müssen und vielleicht sogar verlieren werden.

Was würderst du tun? Würdest du "mitsaufen"? Warum oder warum nicht?

Und zum guten Schluss:

Was würde Jesus tun?

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