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Gemeinschaft (4)

Auszug aus dem Buch "Blue like Jazz - Nonreligious thoughts on Christian Spirituality" von Donald Miller

(Hier geht's zum Anfang der Serie "Gemeinschaft")

* * *

Das Foto ist auf der Veranda entstanden. Wir rauchen alle Pfeife. Ich habe eine schwarze Mütze auf wie Rapper oder Bankräuber das haben. Andrew der Demonstrant, der große gutaussehende mit dunklem Haar und dem Bart, der wie jung-Fidel Castro aussieht, war der Aktivist unserer Junggesellenfamilie. Er ist derjenige, mit dem ich auf Demos gehe. Er arbeitet mit Obdachlosen im Zentrum und studiert in Portland, um Sozialarbeiter zu werden. Er redet ständig davon, wie abscheulich die Republikaner sind und welch ein Fehler es ist, Fleisch zu essen. Ich hab keine Ahnung, wie Andrew ohne Fleisch so groß werden konnte.

Jeremy, der in der Wranglerjeans und mit dem Militärhaarschnitt, ist der Cowboy der Familie. Er hat immer eine Knarre bei sich. Man sollte meinen, dass Andrew und Jeremy sich nicht leiden können, weil Andrew völlig gegen das Recht ist, Waffen zu tragen, aber sie verstehen sich ganz gut. Kommen echt gut aus miteinander. Schade eigentlich, das wäre nämlich ein interessanter Kampf geworden. Jeremy will Polizist werden und hat ein Stipendium für die Schule bekommen. Andrew ist Kommunist. Ich hab versucht, die zwei gegeneinander zu provozieren, aber sie mögen sich zu sehr.

Mike Tucker, genannt Tuck, war der große Bruder im Klan, der Verantwortliche. Er ist der mit der roten Punkfrisur, sieht aus wie eine Kreuzung zwischen dem Kinderschokoladenbübchen und Nina Hagen. Mike war jahrelang Fernfahrer, wollte aber immer in der Werbeindustrie Karriere machen. Er zog nach Portland, um seine eigene Werbeagentur aufzumachen. Er hatte nur ein Handy und eine Webseite. Für diese ließ er sich nackt fotografieren, was ihm Auftritte bei Doc Martens Schuhe und einer anderen Agentur bescherte. Wo immer es nur geht, versucht er ein Geschäft zu machen. Sonst fährt er Lastwagen. Mike ist einer meiner besten Freunde auf der ganzen Welt. Mike ist echt großartig.

Simon, der kleine gutaussehende Kerl mit schwarzem Haar und dem listigen Grinsen war der Kobold unseres Stammes. Ein echter Ire, für ein Jahr aus Dublin hergekommen. Ein Aufreißer. Entweder ist er gerade auf dem Weg in die Stadt auf ein Pint mit den Ladies oder auf dem Weg in die Kirche um zu beten und Gott um Vergebung für seine abscheulichen Sünden und sein Temperament zu bitten. Mike kam als Kulturaustauschstudent. Eigentlich nur, um unsere Gemeinde in Portland zu studieren. Danach will er nach Irland zurück und dort eine Erweckung beginnen und das ganze Land zurück zum Glauben an Jesus, den lebendigen Gott, führen. Danach will er Männer zusammentun um England einzunehmen, auf dass die Engländer Sklaven der Iren werden, denn die Iren sind die besten aller Völker; schließlich haben sie die Ehre erfunden, die Integrität, die westliche Zivilisation, das Guinness und, was offensichtlich ist, die Erdnussbutter und die Glühbirne.

Trevor ist der jüngste im Bilde und sieht aus wie Justin Timberlake oder der Leadsänger einer Boygroup. Er hat dickes Haar, das in Locken vom Scheitel fällt, und er hat es sich blond gefärbt. Trev ist das Kind, der Neuling im Club der Außenseiter. Er ist noch nicht lange aus der Schule und fährt eine Yamaha, die irgendwo Raketenantrieb haben muss, denn wenn er mich mal fahren lässt, kann ich kaum das Vorderrad auf dem Teer halten. Er lernt noch und hat ein echtes Herz, ein Herz wie ein Schwamm, der alles aufnimmt. Er will ein richtig guter Mann werden. Trevor ist einer meiner Favoriten. Er ist mein Nintendokumpel. Wir schmeißen uns gegenseitig unfreundliche Wörter an den Kopf während wir Nintendo spielen. Ich gewinne fast immer, weil er so langsam ist mit seinen Fingern. Manchmal, wenn ich wieder mal gewonnen habe, weint er sich in den Schlaf. Dann tut er mir leid und ich lasse ihn ein, zweimal gewinnen. Greenhorn.

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Fortsetzung folgt hier

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