Kaum Bekanntes über afrikanische Flüchtlinge
Stell Dir vor, Deine Eltern sagen Dir, du sollst das Land verlassen, weil es dort gefährlich ist. Sie haben in den sozialen Medien Bilder gesehen von Bekannten, die den weiten Weg nach Europa auf sich genommen haben. Es geht ihnen sehr gut, sie haben Lebensfreude, Sicherheit, neue Kleider und andere Versorgung. Dein Auftrag ist es nun vor allem, Deine Schwester in Sicherheit zu begleiten. Sie sammeln alles Geld, das zur Verfügung steht, und schicken Dich auf den Weg.
Gemeinsam mit Deiner Schwester brichst Du auf und zusammen mit vielen anderen beginnt der Trek der Hoffung in ein besseres und sicheres Leben. Die ersten paar Hundert Kilometer der Reise verlaufen relativ gut und frohen Mutes.
Doch dann kommt die Wüste. Da musst Du durch. Du hast Dein Leben lang noch nie eine Wüste gesehen - geschweige denn durchquert. Aber es muss ja möglich sein. Ihr macht Euch auf den Weg.
Doch die Wüste ist nicht nur groß. Sie ist nicht nur größer und auch nicht nur viel größer. Sie erweist sich als erbitterter Feind. Das Wasser wird knapp. Die Menschen leiden. Es wird ein Schock, als jemand an Entkräftung stirbt. Doch Du musst weiter. Der nächste stirbt. Und noch viele weitere. Oh, wann wird diese Wüste ein Ende nehmen? Wenn wir doch nur bald in den nördlichen Ländern Afrikas ankommen würden und dieses Elend endlich hinter uns lassen können.
Eine sehr viel kleinere Gruppe schafft es schließlich in den Norden Afrikas. Trauer, Entkräftung und Verzweiflung mischt sich mit Hoffnung. Bald werden wir Menschen treffen, die uns zur Küste fahren.
Bald trefft Ihr Menschen. Sie nehmen Euch alle mit - als Gefangene. Ihr werdet gefesselt, geschlagen und gefoltert. Die tiefen Fleischwunden werden Dich für den Rest Deines Leben kennzeichnen.
Vor Deinen Augen wird Deine Schwester, deren Beschützer Du bist, vergewaltigt. Nicht nur einmal, immer wieder. Die Scham wird unerträglich in Dir. Du hast versagt. Wenn wir doch nur hier rauskämen! Warum hassen sie uns so? Wir müssen fliehen! Doch Deine Schwester wird schließlich vor Deinen Augen geschlachtet. Die Wunden in Deiner Seele werden Dich noch viel mehr traumatisieren als Deine Blutwunden.
Irgendwie gelingt Dir die Flucht. Du bist völlig fertig und allein. Wenn Du das gewusst hättest! Du willst nach Hause. Doch es gibt kein zurück. Erstens, weil Du den Weg durch die Wüste kein zweites Mal schaffen würdest. Zweitens, weil die Scham über Dein Versagen dich weit wegtreibt von Deiner Familie.
Du triffst die Menschenschmuggler und siehst ein, dass Du nicht mehr bist als ein Geschfäftsgegenstand. Sie machen Geld mit Dir. Du musst verhandeln, doch hast nicht mehr viel Wert zu bieten. Du bist nur noch ein wenig profitables Stück lebendes Fleisch.
Irgendjemand nimmt dich dann doch mit. In einem von diesen Booten, wo man zur Not Menschen wie Ballast abwirft und sie dem Meer überlässt.
Irgendwann sammelt Dich ein Militärboot auf. Es stellt sich heraus, dass es italienisches war. Sie bringen Dich in ein Lager im südlichsten Teil des Landes.
Dort triffst Du auf eine Meute verzweifelter, ausgelaugter, teilweise aggresiver Schicksalsgenossen. Ihr werdet alle miteinander irgendwo in einer Anlage eingepfercht und mehr oder weniger Euch selbst überlassen. Streit und Drohung sind an der Tagesordnung.
Wo ist das tolle Leben, von dem uns berichtet wurde? Wieder einmal bist Du nur ein Geschäftsobjekt. Die Menschen machen Geld mit Dir. Keiner will Dich. Die Europäer haben Angst vor Dir. Und du hast nichts zu tun. Gar nichts. Nicht zu lesen, keine Beschäftigung, nichts. Du bastelst Dir ein paar Hanteln, um Deine Kräfte wieder aufzubauen. Und du bekommst ein Handy von den Behörden. Damit kann man ein wenig surfen und sogar Fotos machen. Doch wer will schon sehen, was für ein seelisches Wrack aus dir geworden ist?
Du denkst an Selbstmord. Immer und immer wieder. Hättest Du das alles gewusst, wärst Du nie, niemals auf diese Reise gegangen. Zu Hause war es trotz Krise so viel besser. Und sicherer! Warum haben wir uns das angetan? Warum nur? Es war alles eine einzige Lüge! Alles Lügen! Unwahrheiten, die Tod und Verderben über uns und viele andere brachten!
Ab und zu kommen ein paar freiwillige Helfer. Es gibt nicht viele Helfer hier in diesem Teil Europas, wo Du gestrandet bist. Doch sie bringen schon mal Kleidung oder Musikintrumente oder Spielzeuge. Solche Kleinigkeiten machen Dich überglücklich für ein paar kurze Momente. Du willst sie festhalten und machst ein paar Fotos. Und weil Du nicht weißt, wie lange Du Dein Handy behalten darfst, lädst Du sie auf Facebook, wo Du sie Dir vielleicht auch später nochmal ansehen kannst. Außerdem sind das überhaupt die einzigen Momenten, in denen Du es wagst, Dich vor irgendjemand sehen zu lassen.
Irgendwo im Süden, viele Kilometer südlich des Äquators sieht ein Vater Dein Foto und erkennt Dich. Er versammelt seine Familie und sie fassen den Beschluss, Geld zu sammeln und ihre vier Kinder ebenfalls in dieses bessere und sichere Leben zu schicken.
Stell Dir vor, Deine Eltern sagen Dir, du sollst das Land verlassen, weil es dort gefährlich ist. Sie haben in den sozialen Medien Bilder gesehen von Bekannten, die den weiten Weg nach Europa auf sich genommen haben. Es geht ihnen sehr gut, sie haben Lebensfreude, Sicherheit, neue Kleider und andere Versorgung. Dein Auftrag ist es nun vor allem, Deine Schwester in Sicherheit zu begleiten. Sie sammeln alles Geld, das zur Verfügung steht, und schicken Dich auf den Weg.
Gemeinsam mit Deiner Schwester brichst Du auf und zusammen mit vielen anderen beginnt der Trek der Hoffung in ein besseres und sicheres Leben. Die ersten paar Hundert Kilometer der Reise verlaufen relativ gut und frohen Mutes.
Doch dann kommt die Wüste. Da musst Du durch. Du hast Dein Leben lang noch nie eine Wüste gesehen - geschweige denn durchquert. Aber es muss ja möglich sein. Ihr macht Euch auf den Weg.
Doch die Wüste ist nicht nur groß. Sie ist nicht nur größer und auch nicht nur viel größer. Sie erweist sich als erbitterter Feind. Das Wasser wird knapp. Die Menschen leiden. Es wird ein Schock, als jemand an Entkräftung stirbt. Doch Du musst weiter. Der nächste stirbt. Und noch viele weitere. Oh, wann wird diese Wüste ein Ende nehmen? Wenn wir doch nur bald in den nördlichen Ländern Afrikas ankommen würden und dieses Elend endlich hinter uns lassen können.
Eine sehr viel kleinere Gruppe schafft es schließlich in den Norden Afrikas. Trauer, Entkräftung und Verzweiflung mischt sich mit Hoffnung. Bald werden wir Menschen treffen, die uns zur Küste fahren.
Bald trefft Ihr Menschen. Sie nehmen Euch alle mit - als Gefangene. Ihr werdet gefesselt, geschlagen und gefoltert. Die tiefen Fleischwunden werden Dich für den Rest Deines Leben kennzeichnen.
Vor Deinen Augen wird Deine Schwester, deren Beschützer Du bist, vergewaltigt. Nicht nur einmal, immer wieder. Die Scham wird unerträglich in Dir. Du hast versagt. Wenn wir doch nur hier rauskämen! Warum hassen sie uns so? Wir müssen fliehen! Doch Deine Schwester wird schließlich vor Deinen Augen geschlachtet. Die Wunden in Deiner Seele werden Dich noch viel mehr traumatisieren als Deine Blutwunden.
Irgendwie gelingt Dir die Flucht. Du bist völlig fertig und allein. Wenn Du das gewusst hättest! Du willst nach Hause. Doch es gibt kein zurück. Erstens, weil Du den Weg durch die Wüste kein zweites Mal schaffen würdest. Zweitens, weil die Scham über Dein Versagen dich weit wegtreibt von Deiner Familie.
Du triffst die Menschenschmuggler und siehst ein, dass Du nicht mehr bist als ein Geschfäftsgegenstand. Sie machen Geld mit Dir. Du musst verhandeln, doch hast nicht mehr viel Wert zu bieten. Du bist nur noch ein wenig profitables Stück lebendes Fleisch.
Irgendjemand nimmt dich dann doch mit. In einem von diesen Booten, wo man zur Not Menschen wie Ballast abwirft und sie dem Meer überlässt.
Irgendwann sammelt Dich ein Militärboot auf. Es stellt sich heraus, dass es italienisches war. Sie bringen Dich in ein Lager im südlichsten Teil des Landes.
Dort triffst Du auf eine Meute verzweifelter, ausgelaugter, teilweise aggresiver Schicksalsgenossen. Ihr werdet alle miteinander irgendwo in einer Anlage eingepfercht und mehr oder weniger Euch selbst überlassen. Streit und Drohung sind an der Tagesordnung.
Wo ist das tolle Leben, von dem uns berichtet wurde? Wieder einmal bist Du nur ein Geschäftsobjekt. Die Menschen machen Geld mit Dir. Keiner will Dich. Die Europäer haben Angst vor Dir. Und du hast nichts zu tun. Gar nichts. Nicht zu lesen, keine Beschäftigung, nichts. Du bastelst Dir ein paar Hanteln, um Deine Kräfte wieder aufzubauen. Und du bekommst ein Handy von den Behörden. Damit kann man ein wenig surfen und sogar Fotos machen. Doch wer will schon sehen, was für ein seelisches Wrack aus dir geworden ist?
Du denkst an Selbstmord. Immer und immer wieder. Hättest Du das alles gewusst, wärst Du nie, niemals auf diese Reise gegangen. Zu Hause war es trotz Krise so viel besser. Und sicherer! Warum haben wir uns das angetan? Warum nur? Es war alles eine einzige Lüge! Alles Lügen! Unwahrheiten, die Tod und Verderben über uns und viele andere brachten!
Ab und zu kommen ein paar freiwillige Helfer. Es gibt nicht viele Helfer hier in diesem Teil Europas, wo Du gestrandet bist. Doch sie bringen schon mal Kleidung oder Musikintrumente oder Spielzeuge. Solche Kleinigkeiten machen Dich überglücklich für ein paar kurze Momente. Du willst sie festhalten und machst ein paar Fotos. Und weil Du nicht weißt, wie lange Du Dein Handy behalten darfst, lädst Du sie auf Facebook, wo Du sie Dir vielleicht auch später nochmal ansehen kannst. Außerdem sind das überhaupt die einzigen Momenten, in denen Du es wagst, Dich vor irgendjemand sehen zu lassen.
Irgendwo im Süden, viele Kilometer südlich des Äquators sieht ein Vater Dein Foto und erkennt Dich. Er versammelt seine Familie und sie fassen den Beschluss, Geld zu sammeln und ihre vier Kinder ebenfalls in dieses bessere und sichere Leben zu schicken.
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