Direkt zum Hauptbereich

Die Theologie des guten Erzählens

Geschichten erzählen mag ein wenig nach Märchenstunde klingen, wo Großeltern ihren mit großen Augen und offenen Mündern zuhörenden Enkeln vor dem Schlafengehen spannende Erzählungen vortragen. Und ja, das ist durchaus ein Teil der Geschichte.

Guten Predigern oder Rednern wird nachgesagt, dass sie gute Geschichtenerzähler seien. Werdenden Pastoren wird beigebracht, wie man seine Unterweisungen mit bunten Erzählungen ausmalt und unterstreicht. Nicht selten höre ich von dann Predigern die Klage, dass die Zuhörer sich später aber "nur" an die Geschichten erinnerten und nicht an "das Eigentliche".

Der Grund liegt wohl darin, dass uns lange genug eingeredet wurde, Daten und Fakten seien "das Eigentliche". Es war der eher atheistische Geist der Aufklärung, der uns seit Jahrhunderten im Westen eingebläut hat, das Hirn müsse nur mit messbaren Tatsachen gefüttert werden, um wirklich "vernünftige" Entscheidungen treffen zu können. Als ob die graue Masse zwischen unseren Schultern eine pure Datenbank sei.

Jesus wusste es besser. Seine Geschichten waren keine Ausschmückung, sondern Botschaft. Warum? Weil die Menschheit seit ihren ersten Tagen vor allem durch Geschichten gelernt hat. Was man heute als kindliche Märchenstunde belächeln mag, war für den größten Teil der Menschheit Lebensschule. Moderne Hirnforschung bestätigt zudem, dass unser Kopf keine Datenbank, sondern eine Mediathek ist. Alle wichtigen Lebensentscheidungen werden nicht aufgrund nackter Tatsachen getroffen, sondern aufgrund erlebter und ausgedachter Geschichten, die in unserer Phantasie sukzessiv verändert und angepasst werden, bis die Entscheidung steht.

Zahlen und Fakten mögen ganz sicher ihren unumstritteten Platz in der Wissenschaft haben. Wenn es um Lebensberatung geht, sind Geschichten Trumpf. Unschlagbar. So manche wichtige Entscheidung wurde nach Lektüre eines guten Buches oder Anschauen eines guten Films getroffen. Nicht zuletzt ist die Bibel ein Geschichts- und Geschichtenbuch.

Wir haben alle auf diesem Gebiet extrem viel vergessen und nachzuholen. Wäre die Gemeinde ein exzellenter Geschichtenerzähler, würde sie wohl kaum in der Welt als langweilig und fragwürdig wahrgenommen. Das meinen zumindest wir hier bei Communitas. Und weil wir bei allen grundsätzlichen Trends, die wir in westlichen Gesellschaften sehen, großen Wert legen auf ein solides und biblisches Fundament, planen wir ein weiteres Thinklings. Über die biblische Theologie des Geschichtenerzählens und ihre Bedeutung in der heutigen Mission.

Und wenn drei unserer wichtigsten Schlagworte "missional", "kreativ" und "theologisch" sind - was liegt dann als Einladung zu den Thinklings näher als eine dramatische Filmvorschau?


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eine neue "Engelskala"?

Ich selbst kam gerade erst ins zweite Schuljahr, als die beiden Herren James Engel und Wilbert Norton ein Buch mit dem Titel " What's gone wrong with the harvest? " (Was ist mit der Ernte schiefgelaufen?) herausgaben. Nein, das Buch handelte nicht von Traktoren, Mähdreschern und Güllefässern, sondern um die Ernte der geistlichen Früchte, die Jesus von Kirche und Gemeinden erwartet. Und hier läuft ja bekanntlich so manches schief. Zur Veranschaulichung entwickelte Herr Engel, einer der Autoren, eine Skala. Auf dieser Skala konnte man leicht erkennen, wo man sich auf seiner geistlichen Reise gerade befindet. Als " Engelskala " - was nur etwas mit dem Namen des Erfinders und nichts mit Engeln zu tun hat - gelangte sie zu weltweiter Bekanntheit. Für alle, die noch nie eine Engelskala gesehen haben - so ungefähr sieht eine deutsche Version aus (von mir farblich etwas aufgepeppt): (zum Vergrößern auf's Bild klicken) Man liest die Skala im Prinzip von unten ...

Kein Funken Kritik

Diese Woche wurde dann der Fernsehbeitrag ausgestrahlt, in dem Seelsorgegespräche von Pfarrern und Pastoren heimlich aufgenommen wurden. Ein Journalist hatte sich als Seelsorgesuchender ausgegeben und um Hilfe für seine homosexuelle Neigung gebeten. (Ich hatte hier darüber geschrieben.) Die Sendung wurde nun hochgelobt und es gab nicht den geringsten Funken Kritik an den angewandten Methoden. Das Medienmagazin Pro berichtet von ähnlichen Fällen in Deutschland, wo Journalisten sich an kompetente Seelsorger wenden und um "Heilung" von ihrer Neigung bitten doch hinterher völlig entrüstet und aufgebracht darüber berichten, dass sie tatsächlich Hilfe bekommen haben. (Ich weiß allerdings nicht, ob hier auch heimliche Aufnahmen gemacht wurden.) Ich halte das heimliche Aufnehmenbewusst vertraulicher Gesprächssituationen wirklich für unfair und journalistisch unbegründet. Doch was will man machen? Die Welt will hören, was sie hören will, das war schon immer so. All die guten Hilf...

Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Wohin wird die Reise gehen? Langsam, ganz langsam entwickelte sich die Geschichte, die hier begann . Der Gedanke, Gemeinde für ihre Kollegen zu entwickeln, ließ sie nicht mehr los. Wir trafen uns unregelmäßig über ALT, wo in meinem Kurs alles begonnen hatte. Schnell wurde ihr allerdings klar, dass ALT gewöhnliche Pastoren für gewöhnliche Gemeinden ausbildet, sie aber einen ungewöhnlichen Neustart für ungewöhnliche Menschen anstrebt. Sie fühlte sich wenig vorbereitet und eher eingeengt. Deshalb drückte sie auf Pause legte die Ausbildung bis auf weiteres auf Eis. Obwohl wir uns nicht mehr über ALT sahen, verloren wir nicht den Kontakt. In unregelmäßigen Abständen telefonierten wir, besprachen Ideen. Ich traf einen Teil ihrer Freunde und Kollegen auf einem Philosophieabend in Stockholm. Und während ich mit diversesten Herausforderungen bei Communitas zu kämpfen hatte, wurde für sie immer klarer: Wir müssen eine ganze neue Arbeit starten, die exakt auf das Leben von Künstlern und Mus...