Direkt zum Hauptbereich

Die Predigt der Zukunft

Nun, wo ich gerade viel damit beschäftigt bin, Predigten, Vorträge und Workshops vorzubereiten z.B. für den kommenden Sonntag oder CAs Jahreskonferenz "Connect", denke ich öfter mal über die Rolle der Predigt in der ferneren Zukunft nach. Wer soll predigen, wenn keiner mehr kommt, um zu hören? Warum überhaupt noch predigen?

So sehr ich von der Zukunft des geistreichen, lebensnahen und lebendigen Vortrags überzeugt bin (wir Menschen sind einfach so gemacht, dass wir einem guten Redner gerne zuhören), so sehr glaube ich aber auch, dass die Predigt teilweise eine radikale Wandlung erfahren muss.

Wahrscheinlich sollte hier kurz eingefügt werden, dass nur eine verständliche Rede, die aufbauend, herausfordernd, vielleicht unbequem, auf jeden Fall aber lebensnah und biblisch ist, eine Rede also, welcher der Hörer aufmerksam gespannt folgt, den Namen Predigt verdient.* Alles andere ist einschläferndes Blabla und sollte besser heute noch als erst in einigen Jahrzehnten restlos von den Kanzeln verschwinden.

Während Blabla also gleich aussterben sollte, wird die Predigt der Zukunft teilweise eine radikale Wendung erfahren müssen. Die Rolle der Kanzelpredigt wird nämlich abnehmen (wenn auch nicht verschwinden), die Rolle der Partypredigt oder "Tür-und-Angel-Predigt" muss zunehmen. Wir werden wieder lernen müssen, wie Jesus zu predigen.

Und wie predigte er? Nur ein kleiner Teil seiner Lehren fand in einem offiziellen Rahmen wie z.B. in der Synagoge statt. Der größte Teil seiner Gleichnisse und Ansprachen entstanden spontan aus der Situation heraus. Er nahm Beispiele des Alltags und verwendete sie unmittelbar als Anschauugsmaterial für tiefe Wahrheiten. Er lebte ein Leben, das andere Menschen aufmerksam machte und Fragen stellen ließ. Über seine Antworten, die er damals spontan auf der Straße geben konnte, predigen wir heute noch. Für Jesus gab es "null Trennung" zwischen dem sakral-gottesdienstlichen, wo man "religiös" redet, und dem profan-alltäglichen, wo so was unangebracht scheint.

Das ist genau, was wir Christen in Zukunft lernen müssen, ganz besonders die, welche die Gabe der Lehre empfangen haben. Kann man das Spontane denn überhaupt lernen? Nun, man kann fast alles lernen. Auf Connect werde ich im Rahmen eines Workshops dazu eine kleine Einführung geben. Ich bin nämlich überzeugt davon, wenn wir viel mehr kleine, spontane, ehrliche, lebendige, anschauliche, interessante Minilektionen auf Straßen und Parties, in Geschäften und Bussen vorfinden, dann wird auch die Aufmerksamkeit bei den Kanzelpredigten wieder steigen.

____________________________
* Im Übrigen bin ich nicht der Meinung, dass eine Predigt nur Honig-um-den-Mund-Schmiererei ist. Der Hörer darf durchaus auch anderer Meinung sein oder sich auch mal ärgern dürfen. 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eine neue "Engelskala"?

Ich selbst kam gerade erst ins zweite Schuljahr, als die beiden Herren James Engel und Wilbert Norton ein Buch mit dem Titel " What's gone wrong with the harvest? " (Was ist mit der Ernte schiefgelaufen?) herausgaben. Nein, das Buch handelte nicht von Traktoren, Mähdreschern und Güllefässern, sondern um die Ernte der geistlichen Früchte, die Jesus von Kirche und Gemeinden erwartet. Und hier läuft ja bekanntlich so manches schief. Zur Veranschaulichung entwickelte Herr Engel, einer der Autoren, eine Skala. Auf dieser Skala konnte man leicht erkennen, wo man sich auf seiner geistlichen Reise gerade befindet. Als " Engelskala " - was nur etwas mit dem Namen des Erfinders und nichts mit Engeln zu tun hat - gelangte sie zu weltweiter Bekanntheit. Für alle, die noch nie eine Engelskala gesehen haben - so ungefähr sieht eine deutsche Version aus (von mir farblich etwas aufgepeppt): (zum Vergrößern auf's Bild klicken) Man liest die Skala im Prinzip von unten ...

Kein Funken Kritik

Diese Woche wurde dann der Fernsehbeitrag ausgestrahlt, in dem Seelsorgegespräche von Pfarrern und Pastoren heimlich aufgenommen wurden. Ein Journalist hatte sich als Seelsorgesuchender ausgegeben und um Hilfe für seine homosexuelle Neigung gebeten. (Ich hatte hier darüber geschrieben.) Die Sendung wurde nun hochgelobt und es gab nicht den geringsten Funken Kritik an den angewandten Methoden. Das Medienmagazin Pro berichtet von ähnlichen Fällen in Deutschland, wo Journalisten sich an kompetente Seelsorger wenden und um "Heilung" von ihrer Neigung bitten doch hinterher völlig entrüstet und aufgebracht darüber berichten, dass sie tatsächlich Hilfe bekommen haben. (Ich weiß allerdings nicht, ob hier auch heimliche Aufnahmen gemacht wurden.) Ich halte das heimliche Aufnehmenbewusst vertraulicher Gesprächssituationen wirklich für unfair und journalistisch unbegründet. Doch was will man machen? Die Welt will hören, was sie hören will, das war schon immer so. All die guten Hilf...

Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Wohin wird die Reise gehen? Langsam, ganz langsam entwickelte sich die Geschichte, die hier begann . Der Gedanke, Gemeinde für ihre Kollegen zu entwickeln, ließ sie nicht mehr los. Wir trafen uns unregelmäßig über ALT, wo in meinem Kurs alles begonnen hatte. Schnell wurde ihr allerdings klar, dass ALT gewöhnliche Pastoren für gewöhnliche Gemeinden ausbildet, sie aber einen ungewöhnlichen Neustart für ungewöhnliche Menschen anstrebt. Sie fühlte sich wenig vorbereitet und eher eingeengt. Deshalb drückte sie auf Pause legte die Ausbildung bis auf weiteres auf Eis. Obwohl wir uns nicht mehr über ALT sahen, verloren wir nicht den Kontakt. In unregelmäßigen Abständen telefonierten wir, besprachen Ideen. Ich traf einen Teil ihrer Freunde und Kollegen auf einem Philosophieabend in Stockholm. Und während ich mit diversesten Herausforderungen bei Communitas zu kämpfen hatte, wurde für sie immer klarer: Wir müssen eine ganze neue Arbeit starten, die exakt auf das Leben von Künstlern und Mus...